Zeitspiel

Das zeitlose, periodische und umkehrbare Unveränderliche und das aufgrund zunehmender Irreversibilitäten am Ende Erstarrte, nicht mehr Lebensfähige.

Liebe Zeithabende,

 

aufgrund der vielen Anfragen zu diesem ganz bestimmten Thema, will ich es kurz machen. Die Zeit. Was ist das eigentlich? Und nachdem diese etwas kraftlose Frage gestellt wurde, wollen wir nun wirklich anfangen. Denn die Zeit läuft. Gut. Da gibt es diese zwei Dinge, die man unterscheiden muss, sonst bleibt man für alle Ewigkeit im Ungewissen. Da ist erstens das, was man glaubt zu wissen. Die berühmte Gewissheit, wie immer unter Ausschluss dessen, was man nicht in der Lage ist zu sehen. Das ist, Sie ahnen es, wieder einmal unsere Weltvorstellung, erlangt durch unser aktives Dasein in der Welt. Im Falle der Zeit bedeutet das, dass wir erkannt haben, dass es recht gute Regelmäßigkeiten gibt, periodische Vorgänge, die auch extrem langsam ablaufen können, gern auch mit einer unendlichen Periodendauer, wo sich dann gar nichts mehr zu tun scheint. Aber das ist nur eine kleine Spitzfindigkeit. Sie wissen, worauf ich hinauswill. Beispielsweise auf eine Uhr, deren Zeiger mit der bekannten Periodendauer rotieren, ganz im Gegensatz zum Ziffernblatt. Hier kommt es nur auf die Differenz der beiden Periodendauern an, denn schließlich könnte ja auch die Uhr als Ganzes sich um sich selbst drehen. Ich weiß, das ist alles unglaublich langweilig, doch behalten Sie das bitte im Hinterkopf, denn schließlich kommt alles auf die Unterscheidung an zwischen diesem und dem Folgenden. Und es ist nicht nur die Unterscheidung, es ist das Zusammenspiel der beiden, das letztendlich entscheidend sein wird für ein vollständiges Verständnis. Kommen wir von den Gewissheiten und den physikalischen Beschreibungen zu den Ungewissheiten des Irreversiblen, des Neuen, des Lebens usw. Es gibt viele Begriffe dafür, aber eben keine eindeutigen technischen Beschreibungen. Wieso es diese nicht geben kann, hatten wir vermutlich schon besprochen. Und damit haben wir auch schon unsere eingangs angekündigten zwei Dinge. Die reversiblen Unveränderlichen und die Irreversiblen, zu denen wir wohl alle gehören. Und ich sehe auch, dass im Laufe der letzten Minuten einige von Ihnen mehr gealtert zu sein scheinen als andere. Das lässt sich leider nicht rückgängig machen. Denn so ist das Leben. Jeder von Ihnen lässt seine Prozesse zur Schaffung von irreversibel Neuem ein klein wenig unterschiedlich ablaufen, wenn auch in sehr ähnlicher Art und Weise. Und da das, was Sie üblicherweise als Ihr Ich, Selbst, Person oder was auch immer bezeichnen, als Gesamtheit dieser Prozesse und Produkte unzweifelhaft auf den Punkt zusteuert, wo so viele Irreversibilitäten geschaffen sein werden, dass diese den Prozessen kaum noch Spielraum lassen, ist es leider unausweichlich, dass Sie als Person, oder auch als Gesamtprozess, aufhören werden zu existieren, einfach weil die geschaffenen Irreversibilitäten nur noch im Weg sind und wichtige Interaktionen nicht mehr zulassen. Erstarrung ist vielleicht ein geeigneter Begriff. Wer hier an Bürokratie denkt, liegt durchaus nicht falsch. Es ist immer dasselbe Prinzip. Doch zurück zum Thema und zu dessen Abschluss. Was wird nun üblicherweise getan? Man benutzt die periodischen Vorgänge, die in ihrer Abstraktheit und vorgestellten Unveränderlichkeit selbst zeitlos sind, als ein geeignetes Hilfsmittel, um das aufgrund seiner permanenten Erzeugung von Irreversiblem und wirklich Neuem (nicht nur irgendwie Umsortiertem) tatsächlich Zeithabende etwas vorhersagbarer zu gestalten. Und damit wird es Zeit. Wie immer für etwas Neues. In diesem Falle, auch wenn es nach Wiederholung aussieht, für eine neue Nacht. In diesem Sinne. Gute!