Reflexion: vom Dasein ausgeschlossen

 

...daß ein Denken, das sich mit der Suspendierung des Tertium non datur begnügt, weiterhin klassisch seinsthematisch orientiert bleibt.

 

Es kommt diesem Denken nirgends der Gedanke, daß Realität vielleicht nicht mit der objektiv gegebenen, sinnlich und gegenständlich erfahrbaren Welt identisch ist.

 

Was dem klassischen Denken aber allein zugänglich ist, ist das vollkommen Gegenständliche, das ganz mit sich selbst identische Objekt. Also das voll-thematische Sein, das in sich ruhende, unbewegliche, von der Reflexion unabhängige Daseinsidentität ist.

 

Aber das ist gerade das Wesen der Subjektivität, daß sie nicht mit ihrem eigenen Prozeß und auch nicht mit ihrem Gegenstand identisch ist.

 

Ein Ding ist identisch mit sich selbst, bedeutet, sein Sein, seine Existenz, seine Prädikate sind unabhängig davon, daß ich sie denke, und können durch meinen Reflexionsprozeß nicht verändert werden.
Das heißt aber: Die Reflexion als Reflexion, also als Subjektivität, gehört dem Seienden nicht an und ist aus der identitätstheoretischen Thematik ausgeschlossen.

 

Gibt man das Tertium non datur auf, so gibt man damit alle identitätstheoretischen Intentionen unseres bisherigen Denkens preis.

 

(Aus: Gotthard Günther, „Idee und Grundriß einer nicht-Aristotelischen Logik“, 1978, S.140/141)