Neunundneunzig

Die harte Arbeit des Erzeugens der erwünschten Oberfläche ohne Vernachlässigung des vermeintlich Eigentlichen.

Hey, Hankman!

 

Bei der Arbeit.

 

So völlig regungslos?

 

Du weißt doch, neunundneunzig Prozent sind Vorbereitung, damit man dann nur noch zur richtigen Zeit den richtigen Knopf drückt, bildlich gesprochen. Und ich bin ungefähr bei dreißig Prozent. Wenn ich aber die neunundneunzig Prozent erreicht haben werde, dann kann ich den besagten Knopf wieder und wieder drücken, und dann siehst du, dass sich etwas bewegt, und das ist es doch, was du unter Arbeit verstehst, das stumpfe, mechanische, automatisierbare, maschinelle Abarbeiten, stimmt’s? Hauptsache eine sichtbare Bewegung, und wenn es auch das Herumklopfen auf einer Tastatur oder das Hinterlassen von Tintenspuren auf weißem Papier ist. Du siehst halt bei mir keinen Fortschrittsbalken, siehst nicht, wie es mit den Prozenten vorangeht, und selbst wenn ich dir permanent den Fortschritt mitteilen würde, entspricht es denn der Wahrheit? Oder tue ich das nur, um dich zu täuschen, damit du mich ich Ruhe lässt und ich ungestört darüber nachdenken kann, was ich zu Mittag essen werde? Jetzt habe ich es! Während ich an den neunundneunzig Prozent arbeite, werde ich so eine Art Denkergesicht aufsetzen, das werde ich gleich mal üben, damit es glaubwürdig ist. Ich denke, es sollte irgendwie angestrengt aussehen, das wäre doch in deinem Sinne, dass Arbeit auf jeden Fall anstrengend sein muss. Daher: Wirke möglichst unentspannt. Ich denke, das kriege ich hin, wenn es sein muss. Oh, Mann! Jetzt habe ich es endlich verstanden! Die Schauspielkunst während des Erreichens der neunundneunzig Prozent ist die eigentliche Arbeit! Nicht das Erreichen der neunundneunzig Prozent selbst! Jetzt weiß ich auch die Arbeit der Schauspieler viel mehr zu schätzen. Das ist wirkliche Arbeit! Da sieht man wenigstens was. Vielleicht melde ich mich in einem Schauspielkurs an. Da gab es doch mal dieses Method Acting. Wäre das vielleicht in meinem Fall hilfreich? Ok, das Gespräch hat sich auf jeden Fall gelohnt. Ich werde das ein wenig üben, und wenn du mich das nächste Mal beim Versuch, die neunundneunzig Prozent zu erreichen, beobachtest, dann habe ich hoffentlich schon ein paar Fortschritte gemacht und sehe etwas angestrengter aus, jedenfalls nicht mehr so, als würde ich Spaß an der Sache haben. Nur muss ich auch darauf achten, dass das Schauspiel nicht die Oberhand gewinnt gegenüber der eigentlichen Aufgabe. Oder ist sie das Eigentliche? Egal. Wir sehen uns.