Wohin gehst du morgen?
Genau das wollte ich dich auch gerade fragen. Mehr oder weniger gerade. Vielleicht auch nicht so sehr gerade. Eigentlich ist Geradigkeit nicht so mein Ding. Und warum ist das so? Weil ich überhaupt nicht weiß, was Geradigkeit bedeuten soll. Geradigkeit und Krummigkeit. Lustig, dass du mich darauf ansprichst. Ich hatte dazu erst kürzlich einen sehr interessanten Artikel gelesen. „Das Wesen der Krummigkeit.“ Wusstest du, dass Krummigkeit ohne Geradigkeit gar keinen Sinn macht? Ich war schon etwas überrascht. Und das, obwohl ich mich schon seit Stunden mit dieser Thematik beschäftige. Doch das Faszinierendste am Artikel war seine Grammatik. Hatte ich schon erwähnt, dass ich in letzter Zeit beim Lesen nicht mehr auf die Inhalte achte? Früher dachte ich immer, Lesen und Verstehen, darum würde es gehen. Doch das setzt voraus, dass es etwas zu verstehen gibt. Doch das scheint mir eine eher unbegründete Annahme zu sein. Aber da ich gern lese und nicht darauf verzichten möchte, mich aber gleichzeitig nicht mit dem Inhalt beschäftigen möchte, der vielleicht manchmal einfach nicht so meinen Geschmack trifft, bin ich zu der anderen Methode übergegangen. Grammatik. Ich lese Texte nur noch aus grammatikalischer Perspektive. Das bedeutet, es geht einzig um die Struktur eines Textes. Man lässt sich gewissermaßen durch die Satzstrukturen gleiten und erfreut sich dabei an der Wortlandschaft, die mit ihren Wortlängen und Buchstabenkombinationen die Oberfläche der strukturellen Pfade bildet. Das sollte deine Frage beantworten? Ort und Zeit sind Veranschaulichungen, die dabei erst entstehen. Doch das versteht sich von selbst, denke ich. Es wäre auch zu überlegen, ob es, aufgrund der gewonnenen Freiheit, noch notwendig ist, die gewohnte Art des Lesens beizubehalten. Diese Linearität hat ja schon etwas extrem Zwanghaftes. Ich denke, es sollte jedem freigestellt sein, wie er sich durch den Text bewegt. Das scheint mir eher wie ein Spiel. Diese Linearität gibt es ja nur wegen der Sprache. Nur warum sollte man einem Text, oder generell der Schrift, die Fesseln der Sprache auferlegen? Nur bin ich dann vermutlich auch die Grammatik los. Und möglicherweise noch mehr. Wer weiß. Daher ist meine finale Antwort möglicherweise die Krummigkeit. Morgen sehen wir weiter.