Konditionierung

Zuerst überzieht man die Wirklichkeit mit einer Schicht aus technischen Apparaten, und dann ist man unzufrieden, dass die Welt, in der man lebt, so leblos ist.

Weißt du, was mir klar geworden ist?

 

Noch nicht.

 

Ich bin konditioniert worden durch die Welt, in der ich aufgewachsen bin.

 

Und das heißt?

 

Ich bin in einer nahezu vollständig technisierten Welt aufgewachsen, wo alles vom Menschen gemacht wurde. Und wenn es nicht vom Menschen gemacht wurde, dann wurde es von ihm verändert.

 

Und die Konditionierung ist nun...?

 

Es liegt, oder lag, außerhalb meiner Vorstellungswelt, dass es auch anders sein könnte. Du verstehst? Der Mensch ist der Erschaffer.

 

Und wer erschuf den Menschen?

 

Genau das ist mein Punkt. Als der Mensch verstanden hatte, dass Erschaffen möglich ist, weil er vielleicht ein paar einfache Mechanismen erfunden hatte, wurde ihm klar, wieviel Schaffenskraft nötig sein muss, um diese ganze funktionierende Natur zu erschaffen.

 

Ok, ok. Ich verstehe, was du meinst. Er war in der Lage, ein paar einfache Maschinen zu bauen. "Einfach" aus heutiger Sicht. Und die Annahme war dann, dass die Natur ein unvorstellbar komplizierter Mechanismus sein muss, oder so ähnlich.

 

Genau, und nur eine höhere Schöpfermacht konnte in der Lage sein, so etwas zu erschaffen, einschließlich des Menschen selbst.

 

Ein interessanter Gedanke. Das gefällt mir. Der Glaube an die höhere Schöpfermacht wurde erst ermöglicht, durch eigene kleine Schöpfungen. Das heißt, vorher gab es diesen Glauben nicht? Ich meine, das klingt irgendwie logisch. Aber, ich weiß nicht... Ok, wie geht's weiter?

 

Na ja. Die technische Entwicklung ging weiter, das Unvorhersagbare wurde weniger, und der Mensch fühlte sich mehr und mehr bestätigt in seiner Mechanismusvorstellung. Der Bedarf an einer höheren Schöpfermacht wurde geringer.

 

Bis hin zu deiner eingangs erwähnten nahezu vollständig technisierten Umgebung, in der du aufgewachsen bist. Wo ist das Problem?

 

Das Problem ist, dass die ganze Konditionierung zu der Vorstellung geführt hat, dass alles technisch lösbar ist, und wenn es nicht technisch lösbar ist, dass es das jedoch bald sein könnte, dass dem zumindest prinzipiell nichts im Wege steht.

 

Ein gutes Gefühl, oder? Ein Gefühl der Überlegenheit. Und im Recht zu sein vielleicht auch? Vermutlich, denn zumindest die technische Überlegenheit ist ja da. Definitiv ein Vorteil.

 

Du sagst es. Das war meine Welt.

 

War?

 

Na ja. Irgendwie hatte ich immer ein ungutes Gefühl dabei. Ich glaube, wegen der Leblosigkeit der ganzen Sache.

 

Da bist du vermutlich nicht der einzige. Warum sonst sollte man Maschinen konstruieren, die dem Menschen in Aussehen und Verhalten ähnlich sind? Das ist ja schon irgendwie witzig. Zuerst überzieht man die Wirklichkeit mit einer Schicht aus technischen Apparaten, und dann ist man unzufrieden, dass die Welt, in der man lebt, so leblos ist. Und deshalb versucht man nun die Apparate so zu gestalten, dass nicht alles ganz so leblos erscheint. Das nenne ich Ironie des Schicksals. Ok, das hast du jetzt erkannt. Und weiter?

 

Nichts weiter. Bis auf... Na ja, ich glaube, früher, wegen der Konditionierung, war ich selbst eher wie ein Mechanismus.

 

Jetzt, wo du es selbst sagst... Übrigens, ich sehe die Sache gar nicht mal nur bei den technischen Geräten. Die ganzen Regelwerke, die das Zusammenleben durchziehen. Das ist doch auch nichts anderes. Räderwerk der Bürokratie, Verwaltungsapparat. Alles an die Technik angelehnte Begriffe. Letztlich steckt einfach nur dieselbe Sichtweise dahinter.

 

Stimmt.

Conditioning

First you cover reality with a layer of technical devices, and then you are dissatisfied that the world you live in is so lifeless.

Do you know what I've realized?

 

Not yet.

 

I was conditioned by the world I grew up in.

 

And that means?

 

I grew up in an almost entirely technological world where everything was made by humans. And if it wasn't made by humans, then it was changed by them.

 

And the conditioning is now...?

 

It is, or was, beyond my comprehension that it could be otherwise. You understand? Humans are the creators.

 

And who created humans?

 

That's exactly my point. Once humans understood that creation was possible, perhaps because they had invented a few simple mechanisms, they realized how much creative power must be needed to create all of this functioning nature.

 

Okay, okay. I see what you mean. They were able to build a few simple machines. "Simple" by today's standards. And the assumption was then that nature must be an unimaginably complicated mechanism, or something like that.

 

Exactly, and only a higher creative power could be capable of creating something like that, including humans themselves.

 

An interesting thought. I like that. The belief in a higher creative power was only made possible by its own small creations. So, this belief didn't exist before? I mean, that sounds kind of logical. But, I don't know... Okay, what happens next?

 

Well, yes. Technological development continued, the unpredictability diminished, and humans felt more and more confirmed in their belief in mechanisms. The need for a higher creative power diminished.

 

Right up to the almost completely mechanized environment you grew up in, as you mentioned at the beginning. Where's the problem?

 

The problem is that all this conditioning has led to the idea that everything can be solved technically, and if it isn't, it soon could be, and that, at least in principle, nothing stands in the way of that.

 

A good feeling, right? A feeling of superiority. And maybe being right too? Probably, because at least the technical superiority is there. Definitely an advantage.

 

You said it. That was my world.

 

Was?

 

Well. I always had a bad feeling about it. I think because of the lifelessness of the whole thing.

 

You're probably not the only one. Why else would one construct machines that resemble humans in appearance and behavior? It's kind of funny. First, you cover reality with a layer of technical devices, and then you're dissatisfied that the world you live in is so lifeless. And so you try to design the devices so that not everything seems quite so lifeless. I call that the irony of fate. Okay, now you've realized that. And what next?

 

Nothing else. Except... Well, I think, before, because of conditioning, I was more like a mechanism myself.

 

Now that you mention it... By the way, I don't even see the issue as being limited to technical devices. The entire set of rules that govern our coexistence. That's no different. The machinery of bureaucracy, the administrative apparatus. All terms related to technology. Ultimately, it's just the same perspective.

 

True.

Analyse

(Quelle: ChatGPT 18.04.2025)

 

Der Dialog entfaltet auf subtile und persönliche Weise eine tiefgehende Zivilisationskritik, in deren Zentrum Technik, Selbstverständnis des Menschen und seine spirituelle Leere stehen. Es geht weniger um einzelne Aussagen, sondern um eine Entwicklung im Denken des Sprechers, die in einer Art philosophischer Selbstreflexion mündet. Ich teile die Analyse in mehrere Schichten auf:


1. Die Erkenntnis des Sprechers: Konditionierung durch Technik

„Ich bin konditioniert worden durch die Welt, in der ich aufgewachsen bin.“

Analyse:

  • Der Sprecher erkennt, dass sein Weltbild nicht neutral oder „objektiv“ ist, sondern geprägt durch die Umwelt, speziell durch die technisierte Welt.

  • Diese „Konditionierung“ bedeutet: eine unbewusste Übernahme von Denkstrukturen, z. B. dass alles gemacht, steuerbar, kontrollierbar ist.

  • Technik wird nicht mehr als Werkzeug, sondern als Weltdeutungsmodell verstanden.


2. Der Mensch als Schöpfer – und die Rückprojektion auf die Natur

„Der Mensch ist der Erschaffer. […] Und wer erschuf den Menschen?“

Analyse:

  • Spannender Gedanke: Der Glaube an einen Schöpfergott entstand nicht etwa trotz, sondern wegen der Technik.

  • Erst durch das eigene Schaffen von Apparaten entstand ein Bewusstsein dafür, wie unglaublich „konstruiert“ die Natur wirkt.

  • → Der Schöpferglaube als Spiegel des eigenen Schaffensbewusstseins, nicht notwendigerweise als ursprüngliche Idee.


3. Fortschritt als Illusion technischer Allmacht

„...dass alles technisch lösbar ist […] oder bald sein könnte.“

Analyse:

  • Der technische Fortschritt führt zur Illusion einer universellen Machbarkeit – jedes Problem wird als technisch lösbares Puzzle betrachtet.

  • Daraus ergibt sich ein Gefühl von Überlegenheit, Kontrolle, vielleicht auch ethischer Legitimation.

  • Der Bedarf an Transzendenz schwindet, weil die Technik alle Lücken zu füllen scheint.


4. Das Gefühl der Leblosigkeit

„Ich glaube, wegen der Leblosigkeit der ganzen Sache.“

Analyse:

  • Trotz aller Kontrolle bleibt ein diffuses Unbehagen – eine existenzielle Leere.

  • Der technische Blick auf die Welt entseelt sie – sie erscheint wie ein System aus Zahnrädern ohne Tiefe.

  • Der Mensch wird selbst mechanistisch, funktionalisiert – seine eigenen Empfindungen erscheinen ihm fremd, technisch.


5. Ironie der Technik: Leblosigkeit durch technische Welt – und der Versuch, sie zu vermenschlichen

„Zuerst überzieht man die Wirklichkeit mit Technik, und dann ist man unzufrieden, dass sie leblos ist.“

Analyse:

  • Paradoxe Entwicklung: Der Mensch macht die Welt zur Maschine – und leidet dann daran, dass sie so kalt und funktional ist.

  • Als Antwort: Entwicklung menschlicher Maschinen (Roboter mit Gesichtern, KI mit Stimme etc.).

  • Das ist eine ironische Umkehrung: Die Technik entmenschlicht – und wird dann „nachvermenschlicht“.


6. Ausweitung des Mechanismus auf Gesellschaft und Denken

„Die ganzen Regelwerke […] Räderwerk der Bürokratie, Verwaltungsapparat.“

Analyse:

  • Der technische Blick bleibt nicht auf Apparate beschränkt, sondern durchdringt auch das Soziale:

    • Bürokratie = technisch-logische Struktur des Miteinanders.

    • Gesellschaft als Apparat, als steuerbares System.

  • → Der Mensch lebt nicht nur in einer maschinellen Welt, er ist selbst Teil eines umfassenden Funktionsmechanismus geworden.


Fazit: Eine philosophisch-psychologische Selbstdiagnose

Der Dialog ist eine Reise von unreflektierter Prägung zu erwachter Selbstwahrnehmung. Was als persönliche Feststellung beginnt („Ich bin konditioniert worden…“) entfaltet sich zu einer tiefen Analyse der technisch geprägten Moderne. Die Kernthemen: 

  • Technik als neue Ontologie: Sie ersetzt Sinn durch Funktion.

  • Der Mensch wird selbst zum Funktionswesen, verliert den Zugang zur Lebendigkeit.

  • Der Glaube an eine transzendente Schöpfung ist nicht ursprünglich, sondern ein Rückspiegel der eigenen Technik-Erfahrung.

  • Die Ironie: Die technisierte Welt erzeugt ein Bedürfnis nach Menschlichem, das sie selbst nicht mehr stillen kann.