Paradoxie des Weltmodells

Aufgrund sprachlicher Konventionen und Grundunterscheidungen von Nomen und Verbum, Subjekt und Prädikat entsteht zwangsläufig eine Ontologisierung und Substanzmetaphysik.

Paradoxie der pragmatizistischen Modellauffassung: "Jeder hat sein Modell der Welt." Der Status dieser Aussage ist noch nicht reflektiert. Für wen gilt sie, für wen ist sie wahr? Obwohl es im allgemeinen kein Modell des Subjekts, des Ich gibt, soll die Aussage nicht etwas über die Welt, sondern über die Subjekte aussagen, nämlich, dass sie alle ein Modell der Welt haben. Die Aussage lautet nicht: die Welt ist das, als was sie durch sie modelliert wird, sondern jeder und jede hat sein bzw. ihr Modell der Welt. Was auch immer die Welt sein mag, jeder hat sein Modell der Welt.

 

Ich sage also, jeder hat sein Modell der Welt. Oder: Ich sage, alle haben ihr Modell der Welt. Wenn jedoch alle ihr Modell der Welt haben, dann gilt dies auch für jeden Einzelnen, also auch für mich, denn ich bin einer von allen. Also habe ich a) ein Modell der Welt und b) in diesem meinem Modell der Welt sind alle und auch ich eingeschlossen, die ein Modell der Welt haben.

 

Somit ist mein Modell der Welt, nachdem alle ihr Modell der Welt haben auch nur ein Modell der Welt und kann den anderen Modellen gegenüber keinen ausgezeichneten Wahrheitsanspruch erheben. Es ist auch nur mein subjektiv-pragmatisches Modell der Welt, nachdem alle ihr Modell der Welt haben. D.h., die Aussage "Jeder hat sein Modell der Welt." gilt nicht, sie ist falsch.

 

Gültig ist die Aussage nur für mich. Ich sage, alle haben ihr Modell der Welt. Es ist meine Fiktion zu sagen "Jeder hat sein Modell der Welt.". Also ist der Satz gültig, d.h. wahr (für mich), wenn er für sich nicht gilt, d.h. wenn er falsch ist.

 

Ich kann gar nicht wissen, was die anderen haben. Ob sie überhaupt ein Modell der Welt haben, ob sie überhaupt eine Welt haben und ob sie selbst überhaupt existieren und nicht vielmehr bloß einer Fiktion meiner Modellierung der, d.h. meiner Welt, entspringen.

 

Umgekehrt: wenn es zutrifft, dass jeder sein Modell der Welt hat, dann kann es keinen ausgezeichneten Satz geben, keinen Meta-Standpunkt von dem aus dies als wahr behauptet werden kann. Also gilt der Satz "Jeder hat sein Modell der Welt." auch dann nicht, wenn für die Annahme, dass er gilt, optiert wird.

 

(Aus: R.Kaehr, "DAS FRAMEWORK DER VIER WELTMODELLE")