Verflüssigung – Fundamente und Horizonte

Egologische Denkweise und jeweils einzige Positionen. Der klassische Mensch im Fluss ewiger Wahrheiten. 

Gegenwärtig scheinen sich allerlei Positionen – in Philosophie, Psychologie, Informatik usw. – unversöhnlich gegenüberzustehen. Dort wo die Klarheit der Differenzen nicht gesehen wird oder nicht die Kraft aufgebracht wird, sie zu sehen oder das Gesehene geistig auszuhalten, wird fleißig gesammelt und harmonisiert. Es entsteht ein Eklektizismus, der sich als postmodern ausgibt und der sich gut verkaufen lässt. Muss doch zu nichts wirklich Stellung bezogen werden und doch ist ja alles im Sortiment. Andere wiederum versteifen sich auf eine Position. Nicht weil sich dies am besten rechtfertigen und erläutern ließe oder sogar entscheidende Vorteile aufzuweisen hätte, sondern weil es zur Persönlichkeitsstruktur des Betreffenden passt, eine und nur eine Position (jeweils) zu vertreten.

 

Das Wechselspiel zwischen Fundamenten und Horizonten ist gewiss nicht der Stein der Weisen, hat aber den Vorteil, dass eine Fixierung auf eine Position nicht erzwungen wird. Sowohl Horizonte wie Fundamente sind immer schon in ihrer Vielheit verstanden und gelebt. Die Metapher und auch der Mechanismus des Wechselspiels sorgen dafür, dass sich alles Feste und wieder verflüssigen kann, wie auch jedes Flüssige sein Festes findet und sich auch die Art des Wechsels immerzu mit-wechselt.

 

Zu sagen: „Alles fließt“ (Heraklit) ist ebenso unrealistisch wie zu sagen: „Die Wahrheit ist ewig“ (Parmenides, Platon). Beide Denkweisen sind undialektisch, wenn Dialektik oder Chiastik nicht einfach ein „Anything goes“ (Paul Feyerabend) oder ein sonstiges Schweben (Karl Jaspers) sein soll.

 

Horizont und Fundament sind die Metaphern oder Konzepte, die der Dialektik zwischen dem Stabilen und dem Fließenden eine Realisation geben.

 

Monokontexturales Denken kann, da egologisch fundiert, ob in Evidenz oder Konvention, immer nur je eine Denkweise leben. Dies ist das Schicksal des klassischen Menschen. Erst der transklassische Mensch beginnt mit und in der irreduziblen Ambiguität sich zu realisieren.

 

(Aus: Rudolf Kaehr „Diamond Strategien – Weltentwurf durch Sprache“)