Forgotten Heroes

Welch ein Schauspiel, an diesem einen Ort alle versammelt zu sehen, die sich für das Vaterland geopfert haben, die nur danach trachten, es zu verteidigen, und die zwar noch den gleichen Mut, aber nicht mehr die gleiche Kraft besitzen und deshalb klagen über ihre Unfähigkeit, sich noch für das Vaterland zu opfern!

Vierundachtzigster Brief

 

Rica an * * *

 

Gestern habe ich das Heim der Invaliden besucht. Wenn ich ein Fürst wäre, so hätte ich ebenso gern diese Einrichtung gegründet wie drei Schlachten gewonnen. Überall spürt man dort das Wirken eines großen Herrschers. Es ist, wie ich glaube, der ehrwürdigste Platz der Erde.

Welch ein Schauspiel, an diesem einen Ort alle versammelt zu sehen, die sich für das Vaterland geopfert haben, die nur danach trachten, es zu verteidigen, und die zwar noch den gleichen Mut, aber nicht mehr die gleiche Kraft besitzen und deshalb klagen über ihre Unfähigkeit, sich noch für das Vaterland zu opfern!

Was verdient mehr Bewunderung, als zu sehen, wie die kraftlosen Krieger an diesem Zufluchtsort eine so strenge Disziplin einhalten, als ob sie durch die Anwesenheit eines Feindes dazu gezwungen würden, wie sie ihr letztes Glück in diesem Abbild des Krieges sehen und die religiösen und militärischen Pflichten ihr Herz und ihren Geist erfüllen!

Ich wünsche, dass die Namen derer, die für das Vaterland sterben, in den Tempeln aufbewahrt und in Registern eingetragen würden, die gleichsam die Quelle des Ruhms und des Adels wären.

 

Paris, am 15. des Monats Dschumada I, 1715

 

(Aus: Montesquieu, „Persische Briefe“, Reclam, 2004, S.160)