Tappen

Vom vergeblichen Versuch, das durch fehlerhafte Annahmen über die Wahrnehmung vermeintlich Getrennte, mittels Denkens wieder zu vereinen. 

Du schaust so gelangweilt?

 

Ja, man muss auch mal gelangweilt schauen können.

 

Ist doch sonst nicht so deine Art?

 

Sicher. Und es ist auch nicht so einfach, diesen Zustand zu erreichen. Deshalb ist es das Beste, man liest sich einen Text durch, in dem nichts Neues steht, der aber doch einen gewissen Anspruch stellt, um sich in genau diesen Zustand zu bringen. Am besten ist ein Text, dessen Inhalt völlig konträr zur konventionellen Art des Denkens ist, wobei dieser Inhalt gleichzeitig eine Selbstverständlichkeit beschreibt, die so trivial ist, dass eigentlich jedes Wort zu viel ist. Andererseits, einer musste es ja mal aufschreiben.

 

Dann lass mal hören!

 

"Andererseits aber hat das Festhalten an der Idee eines objektiv reellen Subjekts die Idealisten sowohl wie ihre geschworenen Gegner, die Materialisten, in gleicher Weise verhindert, das neue metaphysische Problem zu sehen, das aus der Kritik der Reflexion an sich selbst, die mit Descartes begonnen hat, endlich und schließlich doch mit sichtbaren Konturen herausgewachsen ist. Es ist heute ganz gleichgültig, ob man Idealist oder Materialist ist! Beide Schulen des Denkens sind sich in dem einzigen Punkt, der hier zählt, ganz einig. Beide versuchen nämlich die Wirklichkeit durch Reduktion auf ein einziges Prinzip zu erklären. Es spielt dabei nicht die geringste Rolle, daß dieses Grundprinzip von den Idealisten unendliches Subjekt und von den Materialisten Objekt (materielles Substrat) genannt wird. Beide Richtungen sind in gleicher Weise an der Technik des identitätstheoretischen Denkens orientiert.

Diese Technik ist dadurch charakterisiert, daß sie nur e i n e n  transzendentalen Schnitt in der Wirklichkeit anerkennt."

(Aus: G. Günther, "Idee und Grundriss...", Meiner Verlag, 1978, S.108)

 

Materialist und Idealist? Warum liest du das? Interessiert sich überhaupt noch jemand dafür?

 

Nicht dass ich wüsste. Ich fand nur den Ausdruck 'transzendentaler Schnitt' ganz interessant. Zuerst wird von den genannten Personengruppen eine recht merkwürdige Unterscheidung vollzogen, nur um anschließend zu versuchen, dasjenige Unterschiedene, das einem nicht so sehr behagt, in dasjenige zu integrieren, das man bevorzugt. Unglaublich diese Fehleinschätzung der fundamentalen Reichweite des Wahrgenommenen. Mehr menschliche Selbstüberhöhung geht ja wohl kaum! Wäre vermutlich auch psychologisch recht interessant. Wie du siehst, ganz lustig, aber auch total langweilig.

 

Jetzt weiß ich, was du meinst.