Vermittlung und Reflexionsidentität (5)

"Vermittlung" als Versuch der Vermeidung des Sinnverlustes beim Übergang von der lebendigen Reflexion auf den leblosen Symbolzusammenhang.

Da für Hegel aber eine derartige Lösungsmöglichkeit nicht existiert, führt er, um den Sinnverlust zu decken, der bei der Überführung der lebendigen Reflexion in einen toten gedachten Vorstellungs- und Symbolzusammenhang unvermeidlich eintritt, eine „dritte Stellung des Denkens zur Objektivität“ ein, die das Problem im Rahmen des zweiwertigen Reflektierens bewältigen soll. Der metaphysische Gegensatz zwischen Denken und Gedachtem überhaupt, sei das letztere nun echtes objektives Sein oder gedachte Reflexion, muss überbrückt werden. Deshalb ist die dritte Stufe des Denkens gegenüber der Objektivität im Wesentlichen „Vermittlung“.

Wir werden später sehen, dass die spezifische Hegelsche Konzeption der Vermittlung formal-logisch unhaltbar ist. Wir werden weiter feststellen, dass sich aus der dreiwertigen Logik ein neuer und präzis berechenbarer Begriff der Vermittlung ergibt. Trotzdem aber enthalten die Gedanken Hegels über die dritte Stellung des Denkens zur Objektivität so viele wertvolle Detaileinsichten – und überdies zeigen sie deutlich die enorme Komplikation des Problems -, dass wir den entsprechenden Analysen der spekulativen Logik noch ein wenig weiter folgen wollen.

Die grundlegende Einsicht, von der Hegel ausgeht, ist die, dass unser Denken zwei streng geschiedene thematische Intentionen hat. Einmal denkt es Transzendenz oder „das Andere“, wie es in der spekulativen Terminologie heißt, und zweitens denkt es Immanenz, d.h. sich selbst. Dabei stellt die transzendentale Logik fest, dass das Andere, weil es vor dem Denken „vorausgesetzt“ ist, durch die Reflexion weder verändert noch in ihr aufgelöst werden kann. Sein Anderssein macht es für den Begriff undurchdringlich. Umgekehrt ist, wie wir feststellen, das auszeichnende Kriterium der Reflexion als Objekt, dass sie transparent für das Denken bleibt und dass sich ihre ursprüngliche Identität mit dem denkenden Ich auflöst, wenn sie zum Gegenstand einer sich iterierenden Reflexion gemacht wird. Sie erscheint nämlich, wenn sie gedacht wird, als auf das Sein reflektierende Identität. Damit ist aber ihre ursprüngliche Subjektivität negiert, denn um gedacht zu werden, muss sie als Objekt thematisiert werden.

 

(Aus: Gotthard Günther, „Idee und Grundriß einer nicht-Aristotelischen Logik“, Felix Meiner Verlag, 1978, S. 355-356)