Vermittlung und Reflexionsidentität (4)

Das Denken, das Gedachte und die Unmöglichkeit der Interpretation beider Situationen mittels einer zweiwertigen Logik.

Es ist aber nicht zu verstehen, wie das Ich sich mit der von ihm niedergeschriebenen Logik identifizieren kann, wenn das Denken dadurch, dass es aus dem denkenden in den gedachten Zustand übergeht, seinen Sinn derart ändert, dass das ursprüngliche subjektive Denkmotiv vollständig verlorengeht und ein völlig neuer Sinn an seine Stelle tritt. Umgekehrt aber kann man auf die Einsicht, dass die Reflexion dadurch, dass sie gedacht wird, strukturell verändert wird, auch nicht verzichten.

Eine mögliche Lösung wäre die, dass wir eine Logik besäßen, die über mindestens zwei Disjunktionen verfügte, von denen die eine als denkender disjunktiver Erlebensprozess des theoretischen Ichs, die andere aber als gedachte Disjunktion interpretiert werden könnte. Im Bereich der zweiwertigen Aristotelischen Logik aber existiert eine solche Möglichkeit nicht. Diese Logik besitzt nur eine Form der Disjunktion, weshalb eine „Negation“ derselben immer einen nicht-disjunktiven Erlebnissinn produziert. Das gleich gilt für die Konjunktion, Implikation und Äquivalenz.

Für eine dreiwertige Logik existiert diese Schwierigkeit nicht. Wir werden später sehen, dass die dreiwertige meontische Logik nicht nur über zwei, sondern sogar über ein Minimum von drei prinzipiellen Variationen der disjunktiven, konjunktiven usw. Denkmotive verfügt. D.h., in einem solchen System des Denkens kann ein Disjunktions- oder Konjunktionssinn usw. negiert werden, ohne dass in diesem Negationsprozess der Erlebnissinn, um den es sich gerade handelt, sei das Disjunktion, Konjunktion Implikation oder Äquivalenz, überhaupt verlorengeht.

 

(Aus: Gotthard Günther, „Idee und Grundriß einer nicht-Aristotelischen Logik“, Felix Meiner Verlag, 1978, S. 355)