Vermittlung und Reflexionsidentität (2)

Wenn Annahmen ein nicht lösbares Problem kreieren, bleibt als Ausweg nur das Absolute.

Für ein Bewusstsein, das die gegenständliche Dingwelt als real erklärt, kann Subjektivität, Innerlichkeit oder Seele nicht ebenfalls „wirklich“ sein. Ein Weltbild, das als endgültige Realität diesen Planeten, dieses galaktische System und dieses raumzeitliche Universum umfasst, hat keine ontologischen Kategorien übrig, um Engel, Himmel und Hölle und ein Reich der Seelen als konkomitierende Wirklichkeit einzuschließen. Daher der konsequente Standpunkt des Mystikers, der das Jenseits als reell erlebt. Für ihn ist die Welt der gegenständlichen Positivität nur Trug und Schein. Sie ist nichts als die Maya der indischen Philosophie.

Infolge dieses reinen Umtauschverhältnisses zweier Realitätsbegriffe, nämlich dem der positiven (fremden) und der negativen (eigenen) Wirklichkeit, können die Getrennten nicht „gesetzt“ werden. Es sei denn „im Absoluten“. Das ist die alte Lösung. Das Absolute ist „Rechtfertigung und Versöhnung“. Der Gedanke ist so alt wie die Philosophie selber. Aber während die klassische Lösung darin bestand, die Eigengesetzlichkeit von Objekt und Subjekt im Jenseits aufzulösen und zu postulieren, dass dort der Satz vom Widerspruch nicht gelte, stipuliert jetzt Hegel, dass eine „Setzung“ im Absoluten möglich ist, in der Subjekt und Objekt „als Getrennte bleiben und diesen Charakter nicht verlieren“. Folglich gilt auch im Absoluten noch der Satz vom verbotenen Widerspruch. Der Unterschied zwischen empirischer Dingrealität und „absoluter“ Existenz kann also nur der sein, dass in der letzteren der Satz vom ausgeschlossenen Dritten durch das neue Theorem vom eingeschlossenen Dritten ersetzt ist.

 

(Aus: Gotthard Günther, „Idee und Grundriß einer nicht-Aristotelischen Logik“, Felix Meiner Verlag, 1978, S. 345, 346)