Die Auflösung des thematischen, undialektischen, zweiwertigen, identitätstheoretischen Denkens im a-thematischen Denken des dialektischen Prozesses.
Sollte es nun im dialektischen Prozess gelingen, einen systematischen Zusammenhang der Begriffe derart zu verwirklichen, dass in ihm „Aristotelische“ und „kontra-Aristotelische“ Reflexionsmotive in gleicher Weise enthalten sind, so würde sich dadurch die ortho-thematische und die pseudo-thematische Orientation des Denkens gegenseitig aufheben. Das in einem solchen System abgebildete „Denken“ wäre a-thematisch. A-thematisches (göttliches) Denken ist aber kein Reflexionsprozess eines theorisierenden Subjekts mehr. Jedes Subjekt, das denkt, braucht ein Thema für seine Reflexion. Dieses Thema liefert ihm seinen Grund zu reflektieren. Eine solche a-thematische Reflexion kann also infolge ihrer Themalosigkeit überhaupt nicht mehr als Denken eines privaten Subjekts interpretiert werden. Ihre einzig mögliche Deutung ist, dass in ihr ein metaphysischer Realprozess beschrieben wird. Das Kennzeichen der Zweiwertigkeit, das bisher ein Index der subjektiven Reflexion, also des theoretischen Denkens war, ist damit auf das Sein selbst übergegangen. Die reelle Wirklichkeit, die von allem undialektischen Denken immer durch die Kategorien einer strikten Identitätslehre (advaita) dargestellt und verstanden wird, hat jetzt zwei echte metaphysische Komponenten. Dieselben werden in dem Absatz über das „absolut Unbedingte“ auf die folgende Weise dargestellt: „Erstens ist das Dasein an ihm selbst nur dies, in seiner Unmittelbarkeit sich aufzuheben und zugrunde zu gehen. Das Sein ist überhaupt nur das Werden zum Wesen; es ist seine wesentliche Natur, sich zum Gesetzten und zur Identität zu machen, die durch die Negation ihrer das Unmittelbare ist. Die Formbestimmungen also des Gesetztseins und es mit sich identischen Ansichseins, die Form, wodurch das unmittelbare Dasein Bedingung ist, sind ihm daher nicht äußerlich, sonders es ist diese Reflexion selbst. Zweitens, als Bedingung ist das Sein nun auch als das gesetzt, was es wesentlich ist, nämlich als Moment, somit eines anderen, und zugleich als das Ansichsein, gleichfalls eines anderen; es ist an sich aber nur durch die Negation seiner, nämlich durch den Grund und durch dessen sich aufhebende und damit voraussetzende Reflexion; das Ansichsein des Seins ist somit nur ein Gesetztes. Dies Ansichsein der Bedingung hat die zwei Seiten, einerseits ihre Wesentlichkeit als des Grundes, andererseits aber die Unmittelbarkeit ihres Daseins zu sein. Oder vielmehr beides ist dasselbe. Das Dasein ist ein Unmittelbares, aber die Unmittelbarkeit ist wesentlich das Vermittelte, nämlich durch den sich selbst aufhebenden Grund. Als diese durch das sich aufhebende Vermitteln vermittelte Unmittelbarkeit ist es zugleich das Ansichsein des Grundes und das Unbedingte desselben; aber dies Ansichsein ist zugleich selbst wieder ebenso sehr nur Moment oder Gesetztsein, denn es ist vermittelt. – Die Bedingung ist daher die ganze Form der Grundbeziehung; sie ist das vorausgesetzte Ansichsein derselben, aber damit selbst ein Gesetztsein, und ihre Unmittelbarkeit (ist) dies, sich zum Gesetztsein zu machen, sich somit von sich selbst so abzustoßen, dass sie sowohl zugrunde geht, als sie Grund ist, der sich zum Gesetztsein macht und hiermit auch zum Begründeten, und beides ist ein und dasselbe.“ (Hegel)
(Aus: Gotthard Günther, „Idee und Grundriß einer nicht-Aristotelischen Logik“, Felix Meiner Verlag, 1978, S. 284-285)