Die Macht des Faktischen

Die Leblosigkeit der Dinge und Zahlen in Sprache und Schrift.

Weißt du, was mich zurzeit am meisten beschäftigt?

 

Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht. Und glaube, dass du dich dazu mir gegenüber noch nicht geäußert hast. Insofern kann ich nur sagen: Nein, ich weiß es nicht.

 

Eine gute Antwort. Hört man leider viel zu selten. Wie kommt es eigentlich, dass man sich geradezu genötigt sieht, auf eine Frage eine Antwort geben zu müssen? Die meisten Fragen besitzen doch nicht einmal eine einigermaßen belastbare Grundlage. Und auf dieses wackelige Fundament soll man eine Antwort oben draufsetzen? Das macht doch überhaupt keinen Sinn!

 

Vermutlich kommt daher das Konzept der Gegenfragen?

 

Gegenfragen! Das ist gut! Statt eine Antwort zu geben, stellt man selbst eine Frage. Und um ein Gleichgewicht oder eine Symmetrie zu vermeiden, sollten es mindestens zwei Gegenfragen sein, oder besser drei. Und sie sollten derart beschaffen sein, dass sie die Sinnhaftigkeit der ursprünglichen Frage zweifelsfrei zu widerlegen scheinen.

 

Sehr gut.

 

Also, weißt du nun, was mich zurzeit am meisten beschäftigt?

 

Nein?

 

Mich beschäftigt die Frage, was der günstigste Zeitpunkt wäre, an dem eine Gehirnwäsche beginnen sollte.

 

Ein sehr interessantes Thema. Damit haben sich schon sehr viele Menschen beschäftigt. Ich denke, dass es dazu eine recht beachtliche Anzahl an gesicherten Erkenntnissen geben muss. Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass man möglichst früh damit beginnen sollte. Letztendlich geht es doch darum, den Menschen an die Macht des Faktischen zu gewöhnen. Ich glaube, wenn man ihn dann soweit gebracht hat, dass er nur noch für möglich hält, was beispielsweise abzählbar ist, dann ist man schon ein ganzes Stück vorangekommen. Zahlen und Dinge, ich denke, damit fängt es an. Und Sprache ist wichtig. Eine Sprache, die im Wesentlichen dazu dient, mit den Dingen und ihrer Anzahl umzugehen. Gesang dagegen ist nicht so gut. Es braucht die Leblosigkeit des gesprochenen Wortes. Daran sollte man den Menschen schon ganz früh gewöhnen. Hat man das ein paar Jahre praktiziert, wird die eingeübte Leblosigkeit des Denkens endgültig manifestiert in einer Alphabetschrift. Diese besteht aus für sich nichtssagenden Einzelzeichen, die daher abzählbar sind, was den Kreis endgültig schließt. Das bedeutet letztendlich, dass nur ein paar hingekritzelte Zeichenfolgen ausreichen werden, um den Menschen zu beeinflussen.

 

Du meinst demnach, dass Bilder und Lieder nicht so gut geeignet wären, wie Lautschrift und gesprochene Sprache?

 

Mit fertigen Bildern und Liedern könnte es vielleicht auch funktionieren. Doch nicht so gut. Ein Problem wäre es, wenn damit eine Individualisierung einhergehen würde. Denn der Entstehungsprozess muss unbedingt außen vor bleiben. Wie ich eingangs schon sagte: Die Macht des Faktischen. Nur das Faktische darf das Denken dominieren. Ist das einmal erreicht, wird der so Konditionierte beispielsweise die Resultate künstlerischer Tätigkeiten durchaus bewundern, sie aber nicht wirklich als notwendig ansehen. Ein gutes Zeichen.

 

Interessant.

 

Gut. Ich hoffe du konntest etwas damit anfangen. So als kleine Anregung. Ein umfangreiche Literaturrecherche wird trotzdem notwendig sein.

 

Oder ich wende mich einfach einem anderen Thema zu.

 

Auch gut.