In diesem Kapitel wollen wir eine Sache klar und deutlich ansprechen. Eine Sache, die überhaupt keine Sache ist. Damit ist klar, und möglicherweise auch deutlich, dass wenn man glaubt, die Sache anzusprechen, dass man die Sache keineswegs anspricht, eben weil es gar keine Sache ist. Gut, das ist kein großes Ding und auch kein Drama. Das passiert ständig. Und es stört keinen. Man muss ja nicht aus allem eine Wissenschaft machen. Und will man das doch tun, nämlich eine Wissenschaft machen aus Sachen, die sich nicht ansprechen lassen, dann verspricht das eine sehr interessante Wissenschaft zu werden. Möglicherweise gibt es diese Wissenschaft auch schon. Und wenn es sie gibt, dann will ich unbedingt dabei sein. Oder auch nicht. Vielleicht ein bisschen. Eigentlich müsste es diese Wissenschaft schon so lange geben, wie es zum einen die unansprechbaren Sachen gibt, zum anderen muss natürlich das Ansprechen selbst auch existieren. Spätestens an dieser Stelle sollte in diesem Stück jemand auftreten, der behauptet, dass es gar keine unansprechbaren Sachen gibt. Denn wenn man etwas angesprochen hat, dann ist es eben passiert. Dann kann es ja keine unansprechbare Sache gewesen sein. Und selbst nichtexistierende Sachen sind ja nicht unansprechbar, denn man kann sie ja jederzeit in ihrer Nichtexistenz ansprechen. Es macht demnach nicht wirklich einen Unterschied, ob man sich die Nichtexistenz von etwas Existierendem wünscht, oder ob man sich die Existenz von etwas Nichtexistierendem wünscht. In beiden Situationen haben wir den Fall der vorhandenen Ansprechbarkeit. Die klassische Negation in ihrer ganzen Gähnigkeit. Um es noch einmal klar und deutlich zu sagen, oder sogar anzusprechen, denn dies sei hier der Anspruch: Bitte verwechseln Sie nicht Anprechbarkeit bzw. Nichtansprechbarkeit mit Existenz bzw. Nichtexistenz! Wer das doch tut, so leid es mir tut, wird am Betrieb der oben genannten Wissenschaft nicht wirklich teilhaben können. Sehr schade. Nein, wirklich. Sehr, sehr schade. Na, ganz so schlimm ist es dann doch nicht. Denn auch oben genannter Komödiant, mit seiner Behauptung, dass es nichts Unansprechbares geben würde, weil alles, was existiert, oder auch nicht existiert, als solches ansprechbar ist, eben dieser nette Zeitgenosse kommt ja auch in dem ganzen Spektakel vor. Und um ehrlich zu sein, ohne ihn würde es das Stück gar nicht geben. Das musste mal gesagt werden, oder vielleicht auch angesprochen. Das wirklich und wahrhaftig Interessante bei der ganzen Sache ist nun, dass man diesen Charakter niemals wird davon überzeugen können, dass er vielleicht im Unrecht sei. Möglicherweise auch nur ein ganz klein wenig im Unrecht. Und warum wird man ihn niemals davon überzeugen können? Weil es nicht geht! Es ist nicht möglich, weil in einer Welt, wo etwas nur existiert oder nicht existiert, ein Drittes ist wie üblich ausgeschlossen, eben alles ansprechbar sein muss. Nun könnte man sich mit so einem Exemplar auf eine Diskussion einlassen, ich meine, davon lebt schließlich die oben genannte Wissenschaft, und ihm ein Beispiel geben für etwas, das nicht ansprechbar ist, aber trotzdem existiert. Ob so etwas einen nennenswerten Unterhaltungswert besitzt, oder auch nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Doch sollte man keinesfalls das Publikum vergessen, geschweige denn unterschätzen, denn schließlich wollen wir irgendwann einmal auch wieder vor ausverkauften Häusern spielen. Und ich bin wirklich kein großer Fan davon, immer die Schuld beim Publikum zu suchen. Sicher, niemand hat behauptet, oben genannte Wissenschaft dürfe nicht ermüdend und langweilig sein. Natürlich darf sie das sein. Doch heißt das nicht, dass sie das auch sein muss. Genug davon. Wie war das jetzt nochmal mit dem Beispiel, das man unserem Statisten und Möchtegernhauptdarsteller anbieten könnte? Man möchte es ja am liebsten gar nicht tun, doch zum einen lauert er ja regelrecht darauf, in Erwartung des sicheren Triumphes, zum anderen ist es einfach ein Teil der Show. Und wir sind hier, um unsere Rollen zu spielen. Und wir spielen sie einfach großartig. Und das merkt auch das Publikum, das seit Menschengedenken zu unseren Vorstellungen kommt. Mal mehr, mal weniger zahlreich. Sag doch endlich dein Beispiel! Wie kann etwas existieren, das nicht ansprechbar ist? Das ist doch ganz einfach. Beispielsweise kannst du das Ansprechen selbst nicht ansprechen. Und immer wieder diese Enttäuschung! Ja, ja! Genau aus diesem Grund würden wir diese Situation gern vermeiden. Immer wieder. Abend für Abend. Vorstellung für Vorstellung. Doch es hilft alles nichts. Denn auch diesmal wurde das Stück in gewohnt professioneller Art und Weise über die Bühne gebracht. Vielen Dank an das Publikum! Kommen Sie gut nach Hause! Bis zum nächsten Mal!