Auswege und Irrwege. Das Epiphänomen als Produkt des Dualismus.
Es lebe die Vernunft!
Klingt vernünftig. Es wäre jedoch viel interessanter, wenn es unvernünftig klingen würde.
Das ist doch Unsinn!
Das stimmt. Auf diese Art und Weise kann man die Unsinnigkeit, ich sage mit Absicht nicht Unvernunft, einfach am besten zeigen. Nun ist man möglicherweise versucht zu glauben, dass die ursprüngliche Behauptung, dass der Ausruf vernünftig klingen würde, nicht unsinnig wäre, weil ja das Gegenteil jenes Falles angewendet wurde, der doch so offensichtlich unsinnig erscheint. Nun behaupte ich, dass beide Aussagen unsinnig sind. Sowohl die erste, die behauptet, dass dem Ausruf, dass die Vernunft leben solle, eine Vernunft zukommt, als auch die zweite, die diesen Ausruf als unvernünftig empfindet. Die Methode ist ganz einfach. Man schaut sich an, was in beiden Fällen vorausgesetzt wird. Dies sind zweifellos die Vernunft und die Unvernunft als die zwei Seiten ein und derselben Medaille. Einmal in der bejahten und einmal in der negierten Form. Ohne dass man bei der Betrachtung der Medaille genau sagen könnte, welche Seite man gerade anschaut. Man weiß nur, dass es zwei gibt. Meistens wird jedoch geglaubt, dass die Seite, die mit dem Wort Vernunft beschriftet ist, die wichtigere sei, im Gegensatz zu der Seite, die mit dem Wort Unvernunft versehen ist, falls diese überhaupt markiert ist. Warum ist das so? Ganz einfach, weil die ganze Medaille den Namen Vernunft trägt! Doch könnte sie genauso gut den Namen Unvernunft tragen. Es hätte sich nicht wirklich etwas geändert. Allein die Tatsache, dass man die beiden Seiten überhaupt beschriften muss, sagt so einiges aus. Wer an dieser Stelle auf den Gedanken kommt, dass man auch oben und unten, oder links und rechts, und für die ganz Gewieften, sogar Subjekt und Objekt draufschreiben könnte, dem muss man nicht viel mehr erklären. Doch das eigentlich Unglaubliche ist, dass sobald man die Beschriftung der beiden Medaillenseiten vollzogen hat, es mit hundertprozentiger Sicherheit zu einem Streit kommen wird, welche Seite die einzig wahre ist. Und schließlich ist das auch unglaublich wichtig. Denn die meisten haben einfach gern die Wahrheit auf ihrer Seite, und das funktioniert eben am besten, wenn die Seite selbst die Wahrheit ist. Verzeihen Sie diesen kleinen Ausflug in die Welt dualistischer Denkschablonen. Ich weiß, damit kann man niemanden mehr hinter dem erkalteten Ofen hervorlocken. Mittlerweile ist jedem bekannt, dass es auch keineswegs reicht zu wissen, dass die beiden Seiten untrennbar verbunden sind. Gut, eine Sache habe ich noch zum Dualismus. Das ist einfach zu lustig. Es soll nämlich tatsächlich Leute gegeben haben, die glaubten, den Dualismus, der so viele Probleme bereitet hat, immerhin das wurde verstanden, dadurch überwinden zu können, dass man behauptet, dass die als weniger wichtig erachtete Medaillenseite eigentlich gar nicht existieren würde, sondern dass diese vielmehr nur ein Epiphänomen der eigentlichen Medaillenseite sei. Auf so etwas muss man erstmal kommen. Epiphänomen! Was für ein Wort! Doch zurück in die Gegenwart, wo man die Existenz einer Medaille nicht einfach voraussetzt, sondern begriffen hat, dass die Medaille ein Produkt, möglicherweise ein recht anschauliches Produkt, eines Entstehungsprozesses ist, der eben diese Medaille hervorgebracht hat, einfach weil dies die Lösung zu einem bestimmten Problem war. In diesem Falle brachte dieser Prozess die Idee der Vernunft hervor, und weil man die Dinge besser begreift, wenn man sie anfassen kann, hat man das Wort auf eine Medaille geschrieben. Und schon war die Vernunft existent. Doch leider auch die Unvernunft, für die Leute, die auch gern einmal die andere Seite der Medaille betrachten. Gut, ich denke Sie wissen nun, was ich damit sagen wollte?
Jedes Ding hat zwei Seiten?
Ganz außerordentlich!